Interview mit dem IKF-Studiengangsleiter im Bereich Digital Collaboration & New Work: Dr. Daniel Stoller-Schai
IKF: Dr. Daniel Stoller-Schai, das Thema Arbeit 4.0 ist in aller Munde. Als Digital Collaboration Specialist und Change Companion haben Sie gemeinsam mit unserer Studienleiterin Prof. Dr. Andréa Belliger den CAS Innovative Arbeitswelten: New Work & Collaboration am IKF aufgebaut. Dieser CAS startet am 14. September 2019 am IKF in Luzern. Weshalb sollte man diesen CAS besuchen?
Daniel Stoller-Schai: Das Thema «Arbeit 4.0» ist omnipräsent, es ist sowohl ein Hype-Thema als auch konkrete Realität. Unternehmen, Organisationen und Bildungsinstitutionen müssen sich im Zuge der Digitalisierung mit neuen Themen beschäftigen: dies umfasst Fragen nach den künftigen Kompetenzen, neuen Geschäftsmodellen, Organisationsformen und Führungsstrukturen, den richtigen Technologien und der strategischen Neupositionierung. All diese Fragen werden im CAS von den richtigen Fachpersonen adressiert und in vielfältigen – von digitalen bis manuellen – Lernformen praktisch erfahrbar gemacht. Dies bietet eine gute Grundlage, um dann selber Projekte anzustossen oder voranzutreiben.
IKF: Der CAS verbindet Präsenztage (in Luzern, Zürich, Bern und anderen Orten) mit reinen Online-Sessions, also ein ganz neues, spannendes Kursformat. Neue Arbeitsmodelle und Kollaborationstools werden die Teilnehmenden im Kurs direkt ausprobieren. Für wen ist dieser CAS denn besonders wichtig/ interessant?
Daniel Stoller-Schai: Der CAS «Arbeit 4.0» richtet sich an Personen, die in ihrem Unternehmen, ihrer Organisation oder ihrer Bildungsinstitution das Thema Arbeit 4.0 angehen wollen und einen umfassenden Überblick über alle relevanten Themen benötigen. Sie werden in diesem CAS viele Gleichgesinnte treffen und vom Networking mit ihren «Peers» und den zahlreichen Referenten und Referentinnen profitieren. Wir gehen davon aus, dass wir in diesem CAS Führungskräfte, Projektverantwortliche und Spezialisten zusammenführen, die mit uns und den anderen Teilnehmenden Arbeit 4.0 konkret umsetzen wollen.
IKF: Einige unserer Kursteilnehmenden sind bereits 50 Jahre oder älter. Wieso sollen sie sich noch mit neuen Formen der Arbeit befassen? Die 15 Jahre bis zur Rente kriegt man doch auch so irgendwie rum, oder?
Daniel Stoller-Schai: Die Trennung zwischen jungen «Digital Natives» und alten «Digital Immigrants», die sich neuen Technologien verschliessen, ist schon lange obsolet. Für 50-jährige ist dies genau der richtige Zeitpunkt, um sich mit diesem Thema zu beschäftigen und ihre langjährigen Erfahrungen mit den Sichtweisen von jüngeren Teilnehmenden in einen konstruktiven Dialog zu bringen und so gemeinsam eine gute Gestaltungsgrundlage für neue Lern- und Arbeitskonzepte zu schaffen.
IKF: Neue Arbeitsformen durch Digitalisierung. Digitalisierung setzt neue Arbeitsformen voraus? Wie sehen Sie das?
Daniel Stoller-Schai: Neue Arbeitsformen sind de facto schon Realität. Ich empfehle es allen, für einige Tage in verschiedenen Co-Working-Spaces zu arbeiten und zu erleben, wie dort ko-laboriert wird. Man wird nicht alles direkt in etablierten Firmen umsetzen können, aber man kann sich davon inspirieren lassen. Diese Inspiration führt dazu, dass auch in etablierten Firmen unterdessen Arbeitsplätze umgestaltet werden, dass neue Arbeitsformen auf der Basis von Scrum, Kanban, Working out Loud, Teaming etc. implementiert werden und dass generell eine Aufbruchsstimmung spürbar ist, Arbeit und Lernen neu zu «erfinden».
IKF: Arbeit 4.0. Digitale Zusammenarbeit. Wie weit sind die Schweizer Firmen da?
Daniel Stoller-Schai: Technisch ist die Schweiz weit vorne mit dabei; dies ist schon dem Umstand zu verdanken, dass die Infrastruktur sehr gut ist und zwar nicht nur in den Firmen und Organisationen. Fast überall kann ich mit einem 4G- oder bald 5G-Netz einen performanten Hotspot aufschalten und bin damit online und mit allen Clouddiensten verbunden. Die eigentliche kulturelle Veränderung der Arbeitsformen und Arbeitsstrukturen braucht dagegen etwas mehr Zeit. Ich nehme aber im Moment eine sehr positive Aufbruchsstimmung wahr. Menschen und Organisation sind bereit, sich auf Neues einzulassen. Die Teilnahme im CAS Arbeit 4.0 ist eine gute Möglichkeit hier «anzudocken» und Teil dieser Aufbruchsstimmung zu werden.
IKF: Arbeit und Lernen, beide verändern sich rasant. Sie unterrichten am IKF auch einen Kurstag im CAS eLearning - Bildung digital zum Thema «Social Media & Mobile Learning». Inwiefern ergänzen sich denn diesbezüglich die CAS Innovative Arbeitswelten: New Work & Collaboration und CAS eLearning - Bildung digital?
Daniel Stoller-Schai: Vor rund 10 Jahren durfte ich die erste «Swiss eLearning Conference» in Zürich eröffnen, die unterdessen zur «LEARNING INNOVATION Conference» umbenannt worden ist. Unser erster Keynote Speaker war damals Jay Cross, der «Erfinder» der Begriffe E-Learning und Informal Learning. Er meinte schon damals «“I’ve said for years that in our fast paced world, learning is the work.” Auch im aktuellen «Deloitte Global Human Capital Trends Report» wird «Learning» als der Nr. 1 Trend benannt. Digitales Lernen und Digitales Arbeiten passen also perfekt zusammen. Es geht einerseits um eine methodisch-didaktische Gestaltung neuer Lernformen und andererseits um eine methodisch-prozessuale Gestaltung neuer Arbeitsformen.
Und noch eine persönliche Frage zum Schluss: virtuelle oder face-to-face Meetings? Gibt es Situationen, in denen Sie die Leute doch lieber immer noch persönlich treffen?
Daniel Stoller-Schai: Auf jeden Fall. Seit 10 Jahren arbeite ich an meinen handwerklichen Fertigkeiten sowohl im Metall- wie auch im Holzbereich. Die ganz konkrete Erfahrung, der Umgang mit Material und Werkzeug sowie der Austausch und die Unterstützung mit anderen Handwerkern möchte ich nicht virtuell erleben. Ein Möbelstück mit traditionellen Techniken zu erstellen bedingt ganz konkrete haptische und manuelle Tätigkeiten - das ist quasi mein ganz persönliche „Digital Detox“-Programm und das findet nur face-to-face statt.
Vielen Dank für Ihre spannenden Antworten, lieber Herr Stoller-Schai! Wir freuen uns schon jetzt auf aussergewöhnliche Kurstage mit Ihnen im Herbst!